Infektionen und Multiresistenzen: Deutschland braucht mehr Experten!

Die Studie, die im Fachblatt Clinical Infectious Diseases veröffentlicht wurde, basiert auf den Daten von insgesamt 382 Patienten, die mit schwerer Sepsis oder septischem Schock auf die Intensivstation kamen. Rund die Hälfte der Patienten wurde eingeliefert, bevor ein infektiologisch spezialisiertes Team auf der Station tätig war. Die andere Hälfte der Patienten wurde zu einem späteren Zeitpunkt und dann mit Unterstützung eines „Sepsis-Teams“ behandelt. Durch das rasche Hinzuziehen der Spezialisten – sie waren bereits binnen einer Stunde nach Einlieferung am Krankenbett – reduzierte sich der Anteil der Patienten, die innerhalb der ersten 14 Tage verstarben, von 39 auf 29 %. Infektiologische Standards wie das Anlegen einer Blutkultur, um geeignete Antibiotika zu identifizieren, die Messung der Laktatwerte im Blut und eine rasche Flüssigkeitstherapie waren unter Aufsicht der Infektiologen deutlich häufiger eingehalten worden, zeigte die Studie.

Diese Untersuchung zeigt einmal mehr, welche Bedeutung einer Beratung und Mitbehandlung durch Infektiologen, erst recht bei so schweren infektiologischen Erkrankungsbildern wie der Sepsis, zukommt.

PROF. DR. GERD FÄTKENHEUER, Präsident der DGI und Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Köln

Dieser Zusammenhang wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach belegt: 2016 etwa hatten Wissenschaftler einer Reihe internationaler Studien gesichtet und deren Ergebnisse zusammengefasst: Hier zeigte sich, dass bei einer durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion die Behandlung durch einen Infektiologen die Sterblichkeit der Patienten um fast die Hälfte senken konnte. Drei Aspekte waren nach Aussage dieser Übersichtsarbeit für die Behandlungsergebnisse entscheidend: Dass ein ausgewiesener Infektiologe zu Rate gezogen wurde, dass dies früh geschah und dass sich dieser persönlich am Krankenbett ein Bild machte.

Doch nach wie vor sind Spezialisten für Infektionskrankheiten im deutschen Gesundheitssystem nicht regelhaft vorgesehen: In den meisten Kliniken hierzulande sind keine Stellen für Infektiologen eingeplant, und gerade an kleinen Krankenhäusern stehen oft nicht einmal infektiologische Konsiliardienste zur Verfügung. Während in Ländern wie Schweden oder den USA auf eine Millionen Einwohner mehr als 20 auf Infektiologie spezialisierte Fachärzte kommen, sind es in Deutschland nur rund 7. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch multiresistente Keime und der zunehmenden Zahl von besonders gefährdeten älteren und immunsupprimierten Patienten sei dieser Zustand nicht länger hinnehmbar, so die Experten der DGI.

Seit dem vergangenen Jahr fördert das Bundesgesundheitsministerium Weiterbildungen, mit denen Ärzte die Zusatzbezeichnung „Infektiologe“ erwerben können. „Das ist ein wichtiger Zwischenschritt, der jedoch nicht ausreichen wird, um die Versorgungssituation in der Infektionsmedizin langfristig zu sichern und die großen Herausforderungen, die sich uns stellen – gerade auch hinsichtlich der Reduktion von Krankenhausinfektionen und der Eindämmung von Infektionen mit multiresistente Erregern – zu bewältigen“, sagt Fätkenheuer. Hierfür sei es nötig, die Infektiologie auf allen Ebenen deutlich zu stärken: Im Studium, in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung und durch die Etablierung eines eigenen Facharztes.

Die DGI setzt sich intensiv für die Schaffung eines Facharztes „Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie“ ein. Sie wird darin von allen infektionsmedizinischen Fachgesellschaften und von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die sämtliche internistische Schwerpunkte unter sich vereint, unterstützt.

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